Archiv 2011
Explosionsgefahr in Bleicherode nach Güterzug-Kollision
Bleicherode. Im Bahnhof in Bleicherode-Ost sind nach ersten Informationen der Nordhäuser Polizei zwei Güterzüge
kollidiert. Ein Güterzug soll dabei in Brand geraten sein. Beide Lokführer sollen verletzt sein, einer ist offenbar noch
eingeklemmt. Es besteht extreme Explosionsgefahr, nach Auskunft von Polizeisprecher Thomas Soszynski mussten
Anwohner in Bleicherode-Ost ihre Wohnungen verlassen. Ein Großaufgebot an Rettungskräften ist im Einsatz.
Susanne Bernstein / 21.09.11 / TA
Explosion nach Zugunglück in Bleicherode
Wie unsere Zeitung erfuhr, ereignete sich in Bleicherode am Mittwochabend ein schweres Zugunglück. Ein
Tankwagenzug ist gegen 21 Uhr im Bereich des Bahnhofes Bleicherode-Ost aus bisher ungeklärter Ursache auf einen
stehenden Güterzug aufgefahren. Daraufhin ereignete sich eine Explosion.
Bleicherode. Zwei mit Benzin befüllte Waggons gerieten in Brand. Ein weiterer Kessel löste sich in dem
vorausfahrenden Zug vom Fahrgestell und ist auf das Nebengleis gefallen. Es wird vermutet, dass dieser Kessel leck
geschlagen ist und ausläuft, sagte ein Polizeisprecher.
Ein Lokführer des auffahrenden Zuges wurde leicht verletzt, der zweite wurde nach über einer Stunde unversehrt aus
der Lok gerettet. Bis dato war unklar, ob der Mann in der brennenden Lok überhaupt noch am Leben war. Vor Ort ist
ein Großaufgebot von Feuerwehren aus dem gesamten Landkreis. Augenzeugen berichten von über 100
Einsatzkräften. Die Feuerwehr hat damit begonnen, die brennenden Kesselwagen mit Schaum zu bespritzen und die
daneben stehenden zu kühlen. Aufgrund akuter Explosionsgefahr mussten die Anwohner in Bleicherode-Ost
evakuiert werden. Ein Teil von ihnen sei bei Verwandten untergekommen, sagte ein Polizeisprecher. Für die übrigen
wurden erst einmal beheizte Rettungszelte aufgestellt. Für die Nacht werden Notunterkünfte
vorbereitet.
Wann die evakuierten Einwohner wieder in ihre Häuser zurückkehren können,
war vorerst unklar.
22.09.11
Susanne Bernstein und Kai Mudra / 21.09.11 / tag
Aufräumarbeiten nach Zugunglück in Bleicherode haben
Begonnen
Im Bahnhof Bleicherode-Ost waren am Mittwochabend fünf Kesselwagen entgleist. Die Bahn will sie am heutigen
Freitag bergen. Die Strecke bleibt aber länger gesperrt. Nach dem Zusammenprall zweier Güterzüge in Bleicherode
brannten Kesselwagen voller Benzin. Ein Lokführer wurde leicht verletzt. 50 Anwohner wurden evakuiert. Strecke
bleibt für mehrere Tage gesperrt. Unglücksursache ist noch unklar.
Bleicherode. "Wir schauten fern, als es zwanzig nach acht plötzlich rumste", sagt Burkhard Köhn. Er wohnt nur 150
Meter hinter dem Bahnhof in Bleicherode-Ost. "Erst dachte ich, ein Lkw ist ins Haus gefahren; aber dieses Geräusch
kam ja von der anderen Seite", erzählt seine 58-jährige Frau. Nach einem Blick aus dem Fenster auf riesige Flammen
wählte sie die 110.
Ein Gefahrgutzug war auf einen stehenden oder langsam rollenden Zug mit Kesselwagen voller Benzin gefahren.
Dabei gingen die letzten beiden Waggons sofort in Flammen auf, auch die Lok des Gefahrgutzugs fing Feuer. Sie
glüht binnen weniger Stunden im vorderen Teil vollständig aus. Weil der Lokführer glücklicherweise im hinteren Teil
gewesen ist, muss er nur leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Der Lokführer des Kesselwagenzuges
erleidet einen Schock.
150 Kameraden der freiwilligen Feuerwehren aus Bleicherode, Niedersachswerfen, Ellrich, Lipprechterode, Obergebra
und Niedergebra, von der Nordhäuser Berufsfeuerwehr sowie vom Gefahrgutzug kämpfen gegen das Feuer und
gegen die Gefahr von Explosionen. Die Hitze lässt sie anfangs nur langsam an den Unglücksort herankommen. Nach
drei Stunden ist der Brand gelöscht, doch erst in den frühen Morgenstunden ist die Gefahr neu aufkommender
Brände tatsächlich gebannt. Aus den brennenden Kesselwagen soll ein Teil des Benzins ausgelaufen sein. Doch nicht
nur deshalb droht Stunden nach der Kollision eine Umweltkatastrophe.
Durch die Wucht des Aufpralls stürzte ein Behälter des auffahrenden Zugs auf das Nachbargleis. Auch dieser Kessel
mit 36 000 Litern eines ätzenden Lösungsmittels schlug leck. Die Feuerwehrleute tun ihr Bestmögliches, um die
Chemikalie aufzufangen. Sämtliche Häuser im Umfeld sind verlassen. 50 Anwohner von Bleicherode-Ost sind von der
Evakuierung betroffen. Mit nichts als den wichtigsten Ausweisen in einer Gürteltasche und hastig
übergezogenen Fleecejacken warten und bangen die Köhns mit einigen anderen stundenlang auf dem Platz
gegenüber dem Kaliwerk in einem warmen Bus.
Später können 30 Anwohner die Nacht im "Berliner Hof" oder in der Pension "Schachtblick" verbringen, die anderen
kommen bei Verwandten oder Bekannten unter. Die Evakuierung gilt auch gestern denn vor einer Rückkehr der
Anwohner sollen das Benzin aus den fünf entgleisten Kesselwagen und die ätzende Chemikalie des abgestürzten
Behälters abgepumpt sein.
Am Vormittag kommt es zu Verzögerungen: Der leere Kesselwagenzug darf nicht an die Unglücksstelle fahren, weil
die Fußgängerunterführung bis zu 30 Zentimeter mit der Chemikalie vollgelaufen ist, man nicht riskieren will, dass ein
Funke der Diesellok eine weitere Katastrophe auslöst. Die Deutsche Bahn wollte bis gestern Abend das Abpumpen
erledigt haben, um anschließend bis heute Vormittag die verunglückten Züge bergen zu können. Außerdem steht
schon jetzt fest, dass auf einer Länge von 100 Metern verseuchtes Erdreich ausgebaggert werden muss. "In relativ
großer Tiefe", deutet die Konzernsprecherin Änne Kliem an.
Erst danach können die Bauarbeiten beginnen: Auf einem halben Kilometer sind 500 Schwellen zu ersetzen, auf 600
Metern sind die Oberleitungen beschädigt. "Der Streckenabschnitt Wolkramshausen-Sollstedt wird mehrere Tage
nicht befahrbar sein", sagt Kliem. Pilger nach Etzelsbach, die auf die Bahn angewiesen sind, müssen zwischen
Wolkramshausen und Sollstedt Schienenersatzverkehr nutzen. Von 6 bis 24 Uhr garantieren heute zehn Busse einen
regelmäßigen Pendelverkehr auf dem 17 Kilometer langen Abschnitt. Zwischen Sollstedt und Leinefelde soll es einen
stündlichen Shuttle-Verkehr per Bahn geben. Der Bundespolizei-Sprecher Torsten Henkel betont, dass die
Unfallursache völlig unklar ist. Wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr ermittelt seine Behörde gemeinsam
mit dem Eisenbahnbundesamt.
Die Güterzüge gehören laut deutscher Bahn dem Privatunternehmen "Rail4Chem", das sich jedoch zu dem Unglück
nicht äußern wollte. Die Weichen am Bahnhof Bleicherode-Ost werden mechanisch umgestellt. Erst 2017 soll der
Abschnitt an das elektronische Stellwerk in Leinefelde angeschlossen werden.
Kristin Müller / 23.09.11 / TA
Nach Zugunglück: Reise von Halle nach Etzelsbach erschwert
Mit Schaum wird das Wrack der Unglückslokomotive gekühlt. 150 Feuerwehrleute verhinderten in Bleicherode eine
Katastrophe. Bleicherode erlebte in der Nacht zu Donnerstag einen schweren Zugunfall. Streckensperrung behindert
Anreise der Pilger von Halle nach Etzelsbach. Unglücksursache und eine mögliche Umweltverseuchung sind noch
unbekannt. Experten haben mit der Untersuchung begonnen.
Bleicherode. Wie ein geschundener Wurm schlängelt sich die Reihe beschädigter Güterwagen durch den Bahnhof
Bleicherode. Erst das Tageslicht zeigte gestern das ganze Ausmaß der Katastrophe von der Nacht. Fünf Kesselwagen
eines Güterzugs stehen neben dem Gleis, zwei davon völlig ausgebrannt. Ebenso eine Lokomotive, noch bedeckt von
schmutzigweißen Resten des Löschschaums. Bis heute Mittag will die Bahn diese Trümmer von den beschädigten
Schienen geräumt haben. Voraussetzung dafür ist, dass es Feuerwehr und Spezialfirmen schaffen, die fünf
beschädigten Kesselwagen leer zu pumpen. Jeder enthält etwa 30 000 Liter Benzin. Erst dann kann sich entscheiden,
wie schnell die Schäden an der Bahnstrecke im Bereich des Bahnhofs Bleicherode Ost beseitigt werden können. Ein
Gutachter prüft, wo giftige Chemikalien oder Benzin in den Untergrund eingedrungen sind. Mit Sicherheit müsse auf
einer Länge von 100 Metern das Erdreich ausgebaggert und auch der Untergrund erneuert werden, sagte gestern eine
Bahnsprecherin. Zudem wurden die Oberleitung auf etwa 600 Metern und das Gleisbett auf einem halben Kilometer
beschädigt.
Der Zugverkehr zwischen Wolkramshausen und Sollstedt ist vorerst unterbrochen. Stattdessen bringen Busse die
Reisenden an ihr Ziel. Die Bauarbeiten zum Beseitigen der Schäden werden bis in die nächste Woche andauern.
Vorgestern Abend schreckte metallisches Kreischen und ein ohrenbetäubender Knall die Bewohner der Häuser
entlang der Gleise auf. Kurz darauf loderten Flammen empor.
Ein Kesselwagen sei bei einem Bahnunfall explodiert. Das waren die ersten hektischen Informationen, die bei der
Polizei gegen 20.30 Uhr über die Notrufnummer eintrafen.
Die umliegenden Feuerwehren rücken aus. Der Gefahrenschutzzug des Kreises Nordhausen wird angefordert. Noch
weiß niemand genau, was die Bahn geladen hat.
Kurz darauf beginnt die Evakuierung der Häuser entlang der Bahnstrecke. Es besteht Explosionsgefahr.
Die Flammen aus den Kesselwagen schlagen gut zehn Meter hoch und sind weithin sichtbar. In sicherer Entfernung
entsteht neben einem Einkaufsmarkt ein Notzelt für die Evakuierten.
Etwa 50 Leute müssen ihre Häuser verlassen, meldet später die Bundespolizei. 30 von ihnen bringt die Stadt
Bleicherode unter. Gestern konnten die ersten Menschen wieder nach Hause zurückkehren.
Die Feuerwehren besprühen die beiden brennenden Kesselwagen mit Schaum. Inzwischen ist klar, der Zug hat
Hunderte Tonnen Benzin geladen. Als sich die Experten der Unfallstelle immer weiter nähern können, bemerken sie
ein weiteres Problem. Am zweiten Zug ist ein riesiger Container von seiner Plattform gerutscht und auf ein
Nachbargleis gestürzt. Aus ihm läuft eine unbekannte Flüssigkeit auf die Schienen.
Ein Test ergibt, die Substanz ist giftig und ätzend. Unter Vollschutz und mit Atemgeräten versuchen Feuerwehrleute
die gefährliche Chemikalie in Behältern aufzufangen.
Gestern Morgen wird dann so richtig deutlich, wie knapp Bleicherode einer Katastrophe entgangen ist. "Kurz hinter
dem Bahnhof prallte Mittwochabend gegen 20.30 Uhr ein Gefahrgutzug auf einen stehenden Güterzug", erklärt bereits
in der Nacht Nordhausens Kreisbrandmeister Wilfried Ittershager unserer Zeitung den Hergang des Unfalls. Dabei
sind zwei mit Benzin beladene Kesselwagen des stehenden Zuges in Brand geraten. Auch die Lokomotive fing Feuer.
Der Lokführer konnte sich noch rechtzeitig retten und wird leicht verletzt in eine Nordhäuser Klinik gebracht.
Fast zweieinhalb Stunden lang versuchten etwa 150 Feuerwehrleute aus dem gesamten Kreis den Brand unter
Kontrolle zu bringen und das Explodieren der Tankwaggons zu verhindern. Mit Erfolg. Gegen 23 Uhr sind die
Flammen gelöscht.
Die ersten Experten der Bundespolizei und der Bahn beginnen noch in der Nacht mit ihren Untersuchungen.
Hinzugezogen wird auch die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes. Die verunglückten Züge gehören
nach Bahnangaben dem Dortmunder Privatunternehmen "Rail4Chem". Dort wollte sich gestern niemand zu dem
Unfall äußern. Nach Informationen unserer Zeitung geschah der Unfall auf einer Strecke mit noch mechanischem
Stellwerk. Diese entsprächen den Vorschriften und seien absolut sicher, so eine Bahnsprecherin.
22.09.11
Kai Mudra / 23.09.11 / tag
Dank an die beim Bahnunfall am 21.09.2011 eingesetzten Kräfte
Am Mittwoch, dem 21.09.2011, kam es gegen 20.25 Uhr im Bahnhof Bleicherode Ost zu einem folgenschweren
Zugunglück.
Ein Güterzug fuhr auf einen Zug mit Kesselwagen auf, die Benzin geladen hatten. In Folge der Kollision gerieten zwei
Kesselwagen und eine Lokomotive in Brand.
Im Bereich der Bahnsteige stürzte ein Tankcontainer, der Gefahrgut enthielt, auf das benachbarte Gleis. Der Container
wurde beschädigt; es lief eine giftige Chemikalie aus.
Der Lokführer des auffahrenden Zuges wurde verletzt in das Südharz Krankenhaus transportiert.
Aufgrund der bestehenden Explosionsgefahr ordnete die Einsatzleitung die Räumung der betroffenen Häuser in
Bleicherode Ost an. Die Anwohner wurden in Hotels und Pensionen der Stadt untergebracht. Die Stadt Bleicherode
richtete ein Bürgertelefon ein, von dem rege Gebrauch gemacht wurde.
Den ca. 150 eingesetzten Feuerwehrangehörigen gelang es, das Feuer zu löschen und die auslaufenden Chemikalien
aufzufangen und abzupumpen. Dem entschlossenen Eingreifen der Einsatzkräfte, die unter Einsatz des eigenen
Lebens und der eigenen Gesundheit vorgingen, ist es zu verdanken, daß keine größeren Schäden an Menschen und
Gebäuden in der Umgebung zu verzeichnen waren.
Aufgrund der ausgelaufenen gefährlichen Flüssigkeiten sind umfangreiche Sanierungsarbeiten im Bereich des
Bahnhofes Bleicherode Ost erforderlich, die derzeit im Auftrag der DB Netz AG durchgeführt werden.
Trotz der enormen Auswirkungen des Unglückes war es der Bahn möglich, den Zugverkehr eingleisig an der
Unfallstelle vorbeizuführen.
Zur Ursache des Unfalles können derzeit noch keine Aussagen gemacht werden. Die Ermittlungen laufen auf
Hochtouren.
Die Stadt Bleicherode bedankt sich bei den eingesetzten Kräften, den Freiwilligen Feuerwehren des Landkreises, der
Berufsfeuerwehr Nordhausen, den Werkfeuerwehren der chemischen Industrie, den Mitarbeitern des Fachbereiches
Rettungswesen, Brand- und Katastrophenschutz des Landratsamtes Nordhausen, den Rettungsdiensten, den
Beamten der Polizeiinspektion Nordhausen sowie der Bundespolizei.
Dank auch an die Mitarbeiterinnen des Ordnungsamtes Bleicherode, die Mitarbeiter der AWO und des Heimat- und
Fremdenverkehrsverbandes, die für die Verpflegung der über mehrere Tage eingesetzten Einsatzkräfte sorgten, das
Hotel "Berliner Hof" und die Pension "Schachtblick" für ihre Unterstützung bei der Unterbringung der Anwohner.
Frank Rostek
Bürgermeister